Ein neues Gesicht am East River
Verlief die Wahl eines neuen Generalsekretärs der Vereinten Nationen , der sich mühelos gegen seine Mitbewerber durchsetzen konnte, noch rasch und reibungslos, wird der bisherige Aussenminster Südkoreas schon am Beginn seiner Amtszeit stärker gefordert sein als so mancher seiner Vorgänger, denen ruhigere Tage der Einarbeitung gewährt waren.So hat eine ungewöhnliche Geräuschkulisse , der erste Atomtest Nordkoreas,dem weitere folgen könnten ,seine Wahl überschattet.Damit ist ein Problem in den Vordergrund seiner künftigen Agenda gerückt, mit dem Ban Ki Moon allerdings seit langem vertraut ist:das Verhältnis eines paranoiden,bis an die Zähne bewaffneten Nachbarn nicht nur zu Südkorea sondern zum Rest der Welt.
Zugute kommen werden dem neuen Generalsekretär gewiss das massive Vertrauen, das ihm die Staatengemeinschaft insgesamt und nicht nur der Sicherheitsrat,besonders das Placet seiner fünf ständigen Mitglieder ,damit auch das Chinas ,entgegengebracht hat.Von Nutzen sein kann ihm auch die Sonderbeziehung Südkoreas zu den Vereinigten Staaten,die dem neuen Mann im 38,Stock des UN Hauptquartiers so manchen Ärger mit Washington ersparen könnte.Schliesslich haben ihn auch lange Jahre in der Diplomatie seines Landes ,auch als Sicherheitsbeauftragter zweier Präsidenten auf seine Aufgabe vorbereitet.
Sein Verhältnis zu Nordkorea ist unbelastet,da er von Seoul aus im Gegensatz zur harten Linie der Administration Bush an einer Strategie des Dialogs festgehalten und immer wieder versucht hat, die widerborstigen Nachbarn an einen Verhandlungstisch zu bringen.
Dieses Ziel zu erreichen wird in der Zukunft allerdings noch schwieriger werden.Nun geht es nicht nur mehr darum, den Eintritt Nordkoreas in den Klub der Atommächte zu verhindern,sondern um eine noch viel kritischere Frage:die Weitergabe von Atomwaffen durch ein Regime, das, wie ein Kommentator der New York Times unlängst angemerkt hat, bisher noch jedes von ihm entwickelte Waffensystem auch weiterverkauft hat.
Um Nordkorea daran zu hindern,braucht es eine geschlossene Front der Weltmächte.Hinter der Einheit, die die Sanktionsresolution des Sicherheitsrat zu vermitteln scheint, gibt es allerdings gefährliche Bruchlinien und Unsicherheit über die wirkliche Entschlossenheit vor allem Russlands und Chinas, gegen Nordkorea alle Mittel der UN Charta einzusetzen.Hier liegt eine der ersten und wichtigsten Aufgaben des neuen Generalsekretärs: die Koalition der Weltmächte gegen eine Weiterverbreitung von Atomwaffen intakt zu halten und so geschickt einzusetzen,dass sie ihr Ziel erreicht.
Die moralische Autorität, die sein Amt und das Vertrauen der Welt in seine Hände legt wird dabei für ihn eine stärkere Waffe sein als jede Drohung mit Gewalt.
Gewiss wird die Koreafrage .die die Vereinten Nationen ja seit mehr als 5o Jahren beschäftigt, nicht die einzige Krise sein,vor die der neue Generalsekretär der Vereinten Nationen gestellt sein wird. Nur Erfolg gerade auf einem Feld, für das ein koreanischer Generalsekretär wie geschaffen erscheint, wird ihm allerdings notwendige Autorität und notwendigen Respekt für erfolgreiches Eingreifen auch in anderen Krisensituationen verschaffen. Aus ihrer langen Liste stechen Probleme wie jene des Nahen Ostens oder die zahlreichen afrikanischen Krisenherde von Darfur bis zum Demokratischen Kongo hervor.Ebenso dringend erscheinen einschneidende Massnahmen zur Reform der Vereinten Nationen, an denen seine Vorgänger, auch der umsichtiger und daran an Ideen reiche Kofi Annan oft gescheitert sind.
Auch Österreich kann sich über die Person des neuen Generalsekretärs freuen:als früherer Botschafter seines Landes in Wien kennt er unser Land,auch seine wichtige Rolle als Sitz vieler Organisationen des UN Systems: eine Stärkung und Konsolidierung dieser Stellung kann daher von Ban Ki Moon erwartet werden.
Ein polnischer Papst, während der Höhepunkte des Kalten Krieges gewählt, hat manches dazu beigetragen, die grosse,befreiende Wende in Ost- und Mitteleuropa herbeizuführen.Heute kann man fragen, ob ein koreanischer Generalsekretär der Vereinten Nationen dazu beitragen kann, dass der Wind der Freiheit einst auch über dem gepeinigten Norden der koreanischen Halbinsel wehen kann..
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