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36.Hernsteiner Gesprächs

14. Oktober 2006


Herr Staatssekretär!
Lieber Freund Lehne!
Meine s.g.Damen und Herren!

Der abschliessende Teil dieses nun schon 36. Hernsteiner Gesprächs zur österreichischen Aussenpolitik ist der europäischen wie der internationalen Perspektive, Problematik einer Region gewidmet, der Balkan Region die, eigentlich als einzige, als letzte in Europa nach wie vor nach neuen Formen der Ordnung sucht,wie sie viele andere nach der grossen europäischen Wende von 1989 gesucht und gefunden haben.
Es muss daher sicher die Frage gestellt werden, und sie ist vielleicht gestern bereits gestellt worden bei den beiden vorigen Panels, woran es liegt, dass gerade diese Region so hartnäckig immer wieder von neuen
Quellen der Instabilität, der Unruhe heimgesucht wird und nach wie vor vor ungelösten, ja vielleicht sogar unlösbaren Problemen steht.
Damit ist der Balkan, sicher ja nicht zum ersten Mal in seiner turbulenten Geschichte, zu einem europäischen Problem geworden, zu einer Herausforderung an Europa, besonders natürlich an die EU und ihre Aussenpolitik, bis zu einem gewissen Grad auch zu einem internationalen Problem, das auch den Sicherheitsrat der VN beschäftigt.
In nichts auch lässt sich diese heutige Problematik mit der vergleichsweise einfachen Problemstellung früherer Perioden vergleichen, in denen es – zu Beginn des letzten Jahrhunderts – zuerst einmal darum ging, die osmanische Herrschaft über weite Teil des Balkans zu beenden und neuen Nationalstaaten Raum zu geben.
Als relativ stabil erwies sich auch die von Versailles und anderen Pariser Vororteverträgen geschaffene Ordnung zwischen den beiden Weltkriegen, in der Balkanpolitik zB in der Form der Kleinen Entente - vor allem Abwehr gegen befürchtete Revisionspläne bedeutete.
Nach 1945 legte sich über die Region der bleierne Mantel der „Pax Sovietica“, dem sich nur Jugoslawien, später Albanien entzogen, vom Kalten Krieg blieb der Balkan aber weitgehend verschont.
Wie überall in Europa wurde auch in der Balkan Region das Ende des Kalten Krieges, der Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums als Zeichen des Aufbruchs in das demokratische Europa verstanden, zu einer sowohl demokratischen als auch wirtschaftlichen Transition mit vielsprechenden Anfängen in Rumänien, Bulgarien und sogar in Albanien.
Es lag an der inneren Problematik Jugoslawiens, dass der Vielvölkerstaat, dessen Zusammenhalt nach dem Tod Titos 1980 offenbar brüchig geworden war, an diesem Prozess nicht mehr teilnehmen konnte und in einer Serie blutiger Konflikte zerfiel.
Mit seinem Zerfall hat das alte Jugoslawien allerdings auch eine für die ganze Region bedeutsame Stabilität mit in die Tiefe gezogen ,die bis heute durch kein anderes Verhältnis des Gleichgewichts oder des Ausgleichs ersetzt werden konnte.
Europa hat auf den Zerfall Jugoslawiens, das Auftauchen neuer Nationalstaaten nach anfänglichen Schwankungen doch letztlich mit einheitlichem Auftreten reagiert, den Balkan – heute besonders den sogenannten Westbalkan – zu seiner Sache gemacht.
Bis zu einem gewissen Grad – jedenfalls was den Kosovo betrifft – ist es eine Arbeitsteilung mit den USA bezw. den VN eingegangen,was den internationalen Charakter des Problems unterstreicht.
Dennoch bleibt der Balkan in erster Linie ein europäisches Problem, eine europäische Aufgabe, die auch nach Ablaufen, nach Ablösung der heutigen Lösungsmodelle – zB der Einsetzung eines Hohen Beauftragten für Bosnien–Herzegovina – weiter bestehen bleiben wird
Wie dieses engagement, diese Politik sich zu entwicklen haben wird bis zur Realisierung der vielbeschworenen „europäischen Perspektive“ ist ja nun Gegenstand dieses Panels und ich möchte daher nichts mehr dazu sagen.
Sicher wird sich dabei allerdings die Frage erheben, wie wirksam diese „europäische Perspektive“,die sich sicher im Transitionsprozess vieler der neuen und künftigen Mitglieder der EU im Inneren bewährt hat,wirksam sein kann auch nach aussen, d.h.in der Beeinflussung des Verhältnisses zwischen möglichen neuen Mitgliedern der UNION.Dies ganz abgesehen davon, dass die „europäische Perspektive“in Zeiten grosser Erweiterungsmüdigkeit in vielen EU Staaten vielleicht allzu rasch zur stumpfen Waffe werden könnte…..
Auch zur internationalen Dimension des heutigen Balkan Problems werden unsere beiden Referenten einiges zu sagen haben.Sosehr nämlich der Balkan in erster Linie ein europäisches Problem, ein europäisches Anliegen ist ,werden auch andere internationale Akteure in Erscheinung treten, die USA vor allem aber auch Russland, die alte Schutzmacht Serbiens und seiner Interessen, eine Rolle, für die es ja schon auch historische Parallelen gibt.Die russische Balkanpolitik von 2006 georcht zwar sicher anderen Motivationen als die des Zarenreiches, geht es doch heute nicht mehr um den Schutz der orthodoxen Christenheit gegen osmanische Willkür, sehr wohl allerdings gegen das Entstehen ansteckender Präzedenzfälle, die auch im Kaukasus oder anderswo im an Nationalitäten immer noch reichen Russland Schule machen könnten.

Damit möchte ich nun wirklich das Wort unseren beiden Sprechern übergeben, die in diesem Kreis wohl kaum einer Vorstellung bedürfen, so sehr haben sie aussenpolitisches Geschehen hier in Österreich, was StS Hans Winkler betrifft oder in Brüssel, was Stefan Lehner betrifft gestaltet oder mitgestaltet.
Beide stehen seit den 1970erJahren im Auswärtigen Dienst der Republik, Hans Winkler seit nunmehr 35 Jahren, Stefan Lehner einige Jahre weniger und es spricht sicher für die Qualität dieses Dienstes, dass seinen Angehörigen weder der Weg in die höchsten Etagen der EU noch der in die Bundesregierung versperrt ist.Ihr gehört Hans Winkler nun seit über einem Jahr an, wobei uns allen noch sein erfolgreiches Wirken im Rahmen der österr. EU Präsidentschaft in Erinnerung ist, das ja nicht nur in Österreich sondern auch in allen EU Mitgliedstaaten gewürdigt wurde.
In Stefan Lehne begrüssen wir einen der engsten Mitarbeiter, manche würden sagen die rechte Hand, Javier SOLANA’s und auch auf seine Ausführungen sind wir schon sehr gespannt.
Jetzt aber Hans Winkler.



 
Peter Jankowitsch